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Die Restaurierung
Christian erzählt seine Geschichte der Mingary

 

Ende des Jahres 2012 habe ich begonnen, mir einen Traum zu verwirklichen. Seit Jahren unterhalte und besegle ich mit viel Freude eine klassische Yacht aus dem Jahr 1964 gemeinsam mit einem Freund. Obwohl dieses Boot, eine Malmö Flygindustrie in Leistenbauweise aus Tabasco-Mahagoni, gute Segelleistungen hat, ein wahres Raumwunder und zudem auch noch schön ist, gilt meine wahre Leidenschaft den Yachten aus der Ära des beginnenden 20zigsten Jahrhunderts. Im Herbst 2012 fiel mir ein Restaurierungsobjekt vor die Füße. Bei einer von Alfred Mylne gezeichneten und auf der Werft seines Bruders gebauten Bermuda-Ketch von 1929 war bei Fairly-Yachts in Southampton eine Totalrestauration begonnen worden. Da in der Weltwirtschaftkrise dem Eigner die finanziellen Mittel ausgegangen sind, stand der Rumpf schon seit zwei Jahren unbearbeitet in der Werfthalle und sollte deshalb veräußert werden. Dies war meine Möglichkeit, mir den Traum von der Restauration und Wiederherstellung einer Segelyacht aus dem goldenen Zeitalter von Fife, Herreshoff, Oertz, Nicholson, Stephens, Mylne und Co zu verwirklichen.

Zuerst wollte ich aber sicherstellen, dass dieses Projekt von mir zu realisieren ist und die Rumpfkonstruktion meinen Vorstellungen an Stabilität und Dauerhaftigkeit entspricht. Ich fuhr also mit Freunden nach Southampton und wir trafen uns mit Will Stirling, einem englischen Schiffsbauer mit eigener Werft, am Schiff um dies zu begutachten. Will hatte für einen anderen Kunden Mingary schon einmal beurteilt und so konnte ich davon ausgehen, dass wir gemeinsam den Umfang der notwendigen Arbeiten richtig einschätzen. Der zweite Schritt war die Prüfung der Rumpfkonstruktion. Hier war die Bootsbauerfamilie Braak/Andresen aus Maasholm sehr behiflich. Es war unglaublich lehrreich und interessant, sich durch die Tabellen des Germanischen Lloyd zu rechnen. Wir stellten fest, dass dieser dem englischen Vorfahren entspricht und Mingary dementsprechend solide konstruiert ist.

Nach drei Monaten kalkulieren, Planen und Abwägen, fasste ich den Entschluss, das Projekt zu verwirklichen. Nach Abwicklung des Kaufs holten wir als erstes das dazugehörige Equipment mit eigenem LKW aus England ab. Zu dem Schiff erwarb ich für die Restauration eingekauftes Burma-Teakholz. Auch dieses wurde verladen. Bei gleicher Anreise demontierten wir das Deckshaus, da wegen der zu großen Höhe ein Transport auf der Straße sonst nicht möglich gewesen wäre. Nun konnte der Rumpf, Masten und Spieren verladen werden und per Tieflader-Schwertransport über Dover-Ärmelkanal-Calais-Ruhrgebiet-Hamburg nach Kieholm an die Schlei gebracht werden.

Der Rumpf wurde dort in einer Winterlagerhalle abgepallt und mit einem Baugerüst eingerüstet. Die Arbeiten zur Instandsetzung des Rumpfes konnten beginnen. Hierfür erwarb ich bei David Grey, der das Mylne-Archiv verwaltet, Originalpläne. Nach diesen wurden alle Arbeiten in identischer Ausführung zum Originalzustand ausgeführt.

Wir haben bis heute keine marode Stelle am Schiff gefunden. Jedoch entsprach der entfernte Innenausbau mit seinen Schotts nicht den Mylne-Plänen. Ermüdungsbrüche in Spanten und Verbänden waren zu verzeichnen. Außerdem waren die noch originalen Bodenwrangen aus Eisen zu sehr verrostet. Es wurden die Hauptspanten im Bereich des Großmastes und etwa die Hälfte aller eingebogenen Nebenspanten erneuert. Hierbei sind die Nebenspanten zwar mit Resorcinharzleim formverleimt worden, aber wurden ausschließlich mit Kupfernieten wie vor neunzig Jahren eingebaut. Die Hauptspanten wurden mit 10mm Bronzenieten verbolzt. Sämtliche der 42 Bodenwrangen wurden ausgebaut und zur ursprünglichen Formgebung aufgespachtelt. Dann wurden diese in Siliciumbronze nachgegossen und wieder eingebaut. Hierzu mussten auch alle seitlichen Kielbolzen ebenfalls aus Bronze erneuert werden. Gleichzeitig wurden alle verbliebenen Kielbolzen überprüft. Die Wrangenbleche wurden sämtlich in Stahl nachgebaut und verzinkt. Auch diese wurden nur mit Bronze Nieten und –Schrauben eingebracht. Im ganzen Rumpf ist kein Edelstahl verbaut worden, sondern nur Bronze, Kupfer und Stahl – gleichwertige Metalle um galvanische Ströme zu vermeiden. Dieses Konzept wurde auch 1929 eingehalten und hat dazu geführt, dass bis heute die Holzstruktur nirgends angegriffen ist. Eine neue Mastspur für den Großmast haben wir aus Eiche gemäß dem Originalplan angefertigt und eingebaut.

Die Setzborde mussten zur Erneuerung der Hauptspanten partiell entfernt werden und wurden wieder ergänzt. Anschließend haben wir innenseitig durchgehend 10mmTeack aufgedoppelt und auch den Relingsdeckel komplett erneuert. Außenseitig ist der Rumpf komplett abgezogen worden. Wir haben über Wasser alle Plankennähte ausgefräst und Teakholzleisten mit Resorcinharzleim eingeleimt. Unter Wasser sind wo nötig die Nähte neu kalfatert worden. Sämtliche Nieten und Bolzen sind mit Teakholzpfropfen verschlossen worden. Die Ziergöl wurde neu gefräst und auch das originale Zierornament im Heck des Schiffes wieder freigelegt. Der Rumpf wurde mit gesamt neun Schichten Alkydharzlack neu lackiert.

Das originale Teakdeck war von ursprünglich 38mm Stärke auf teilweise 24mm abgenutzt. Viel habe ich mit Will Stirling und Hans-Jörg Braak darüber diskutiert, wie damit umgegangen wird. Sowohl aus Kostengründen aber auch um dem Rumpf mehr Torsionssteifigkeit zu geben habe ich mich dazu entschlossen, dass Deck in Form zu schleifen und zu hobeln und Anschlußfälze im Schandeck einzuarbeiten. Danach wurde 6mm Marinesperrholz flächig mit Epoxydharz verklebt und darauf ein 14mm Teakstabdeck mit Resorzinharzleim aufgebracht. Auch hierfür verwendeten wir das in England eingekaufte Burma-Teak

Nachdem das Deckshaus wieder montiert, ein neues Motorfundament erstellt und der Motor mit Dieseltank eingebaut wurde, haben wir die Aufbauten abgezogen und wie auch die Schanz klar lackiert.

Schon im Spätsommer konnte Mingary bei der Mittelmannswerft in Kappeln wieder gewassert werden.

Der Rumpf benötigte einige Zeit, um sich nach Jahren an Land wieder dicht zu quellen. Diese Zeit nutzte ich, um einen provisorischen und sehr spartanischen Innenausbau aus Boden und Pritschen einzubauen und das Boot mit Sandsäcken in die Wasserlinie zu bringen.

Den vergangenen Sommer hatte ich mir sehr viel Zeit genommen und nun verlangte mein Beruf wieder mehr davon. Deshalb machte ich mich im kalten November auf den Weg, Mingary in die Nähe meines Wohnsitzes zu bringen. Über Kiel-NOK-Elbe-Elbeseitenkanal-Mittellandkanal und RheinHernekanal ging es nach Herne. Hier konnte ich mit den Arbeiten im Schiffsinneren beginnen.

Zuerst wurde der alte Lack entfernt und die Nester vor den Bodenwrangen im Vorschiff wurden mit Pech aufgefüllt um Staunässe dort zu vermeiden. Die Bilge wurde auslackiert und anschließend die Rumpfwände und Deckunterseite mit Alkydharzlack weiß lackiert.

Bei der Planung des Innenausbaus war mir besonders wichtig, dass alle konstruktiven Schotts an die Stelle kamen, an der sie von Alfred Mylne gesetzt worden waren. Da Schotts eine aussteifende Wirkung auf den Rumpf ausüben, wollte ich auch hier unbedingt den Originalplänen folgen.

Die 600kg schwere Batteriebank habe ich direkt auf den Kiel in zentraler Position eingebaut. Ein Frischwassertank wurde nach Maß gefertigt und direkt davor eingebaut. So ist die Zuladung durch Motor-Dieseltank-Batteriebank und Frischwassertank gleichmäßig auf die Wasserlinie verteilt. Die später montierte Ankerwinsch und eine 13mm Ankerkette von 70mtr Länge im Vorschiff bringen das Schiff auf den originalen Wasserpass und Spanten und Schotts standen lotrecht, was wichtig für die Position von Bänken und Kojen ist.

Die Schotts sind aus 18mm Marinesperrholz gefertigt und sind passgenau an die Spanten und Decksbalken gebolzt. Beidseitig wurden entweder weiß lackierte Profilhölzer oder Täfelungsrahmen mit Füllungen aufgedoppelt. Nachdem die Lagerhölzer für den Fußboden eingebracht waren konnte mit dem Innenausbau und Möbelbau begonnen werden.

Dessen Ausführung sollte in Materialauswahl und Ausführungsstil dem Schiffsalter entsprechen. Da Eiche mir nicht wertig genug erschien entschied ich mich für Teakholz, aus dem ja auch die Rumpfbeplankung gefertigt ist. Um dazu einen Kontrast zu haben, wurden die Füllungen der Täfelungsrahmen mit damals im Bootsbau üblichen Ulmenholz 2mm stark furniert. Für Helligkeit und Freundlichkeit sorgen weiß lackierte Profilhölzer mit klassischem Bootsbau-Staffprofil.

Von der originalen Innenausstattung ist leider nur noch der von Hand keilgezinkte Korpus des Salontisches mit Flügeln und massiver Teakholz-Tischplatte verblieben. Hierfür habe ich ein neues Gestell gefertigt.

Das Layout des Innenausbaus entspricht durch die Position der Schotts weitestgehend dem Original. Zur damaligen Zeit wurde mir bezahlter Crew gesegelt. Dies entspricht aber nicht den heutigen Bedürfnissen. Deshalb werden die Kabinen heute anders genutzt.

In der Achterkabine finden mit Doppelkoje und Einzelkoje drei Segler einen Schlafplatz. Auf Backbord davor ist im unter Segeln ruhigem Schiffszentrum die Kombüse angeordnet. Seitlich davon auf Steuerbord befindet sich wie auf dem Originalplan eine Einzelkabine. Der Salon hat die ursprüngliche Größe. Schapps und Vitrinenschrank sind aber achtern angeordnet .Im offenen Durchgang zur Vorschiffkabine befindet sich auf Backbord ein Kartentisch mit Elektro-Schaltpaneel und Geräten, darunter die Elektro-Unterverteilung mit Sicherungskästen. Hier gegenüber auf Steuerbord ist der Toilettenraum mit großzügigem Waschtisch, Schapps und Blake-Toilette.

Unter dem Fußboden aus Lärche verläuft ein Kabelbühne sowie Kalt- und Warmwasserverrohrung.

Auch wenn nicht alles fertig war, machten wir uns im Sommer 2014 auf den Weg zurück an die Schlei. Der Rückweg war aufgrund der wärmeren Temperaturen, der längeren Tage und des komfortablen Innenausbaus nicht mehr beschwerlich.

In Maasholm angekommen begann ich mit der nächsten Aufgabe. Die Masten und Bäume wurden abgezogen und verschliffen. Einen neuen Bugspriet aus Oregonpine habe ich vorgefertigt und von einem befreundeten Drechsler drehen lassen. Alles wurde klar lackiert und die Beschläge wieder vormontiert. Das laufende und stehende Gut war in zwei Gitterboxen transportiert und eingelagert worden. Alles musste kontrolliert, durchsortiert und zugeordnet werden. Nachdem dies geschehen war wurde alles erneut nach Kappeln zur Mittelmannswerft verbracht.

Wie ich vorher erwähnt habe, haben wir eine neue Mastspur erstellt. Nachdem das stehende Gut am Großmast angeschlagen war stellten wir fest, dass dessen Länge nicht mehr passte. So mussten wir den Mast auf die neue Mastspur anpassen und dann konnten die Masten gestellt werden.

Das Anschlagen der Segel, das Aufriggen und die Montage von Decksbeschlägen erforderten meine letzte Geduld.

Im Oktober 2014 war es dann aber soweit und das Ziel erreicht. Bei sonnigem Wetter und besten Windbedingungen legten wir für unseren ersten Segelschlag ab. Alles funktionierte problem- und reibungslos.

Nach mehreren Jahren an Land und ungezählten Arbeitsstunden segelt die Baunummer 319 von Alfred Mylne, gebaut auf der Bute Slip Dock in Port Banatyne wieder.

Hier geht’s zu interessanten Videos, die während der Restaurierung entstanden sind: